Erklärung des Mieterverein und der Gießener LINKE zur Aussage der noch OB

Taschenspielertricks ersetzen keine Fakten
 
Den Vorwurf der Oberbürgermeisterin, Mieterverein und Gießener Linke würden negative „Stimmungsmache“ in der Wohnungspolitik betreiben, weisen beide entschieden zurück. Offenbar will sich Frau Grabe-Bolz mit einer geschönten Bilanz in den Wahlkampf einmischen.
Der Dichter Emanuel Geibel fasste es einmal treffend in einem Vierzeiler zusammen, den man der Oberbürgermeisterin mit ihrer rot-schwarz-grünen Koalition entgegenhalten muss :
Die Zeit zum Handeln jedes mal verpassen,
nennt ihr die Dinge sich entwickeln lassen.
Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an,
das man zur rechten Stunde nicht getan?
„Die nüchternen Fakten auf dem Gießener Wohnungsmarkt geben denjenigen recht, die sagen, der Magistrat habe viel zu spät und zu zaghaft auf die Probleme reagiert. Fakt ist: Seit 2005 ist die Stadt um rund 20.000 Bewohner gewachsen, jetzt auf fast 90.000. Das sind rund 10.000 neue Haushalte, die eine Wohnung benötigen, darunter sehr viele, die keine teuren Neubaumieten bezahlen können,“ so der Mietervereinsvorsitzende Stefan Kaisers.
Der Magistrat habe diese Entwicklung nicht zur Kenntnis genommen, denn schon bei einer Anhörung der Wohnungsunternehmen und -fachverbände im Rathaus am 2.11.2011 seien alle der Überzeugung gewesen, dass es einen Mangel an Wohnraum, speziell im preiswerten Segment, gebe. Frau Grabe-Bolz habe aber noch im Jahre 2014 gegenüber dem Mieterverein von einem „ausgeglichenen Wohnungsmarkt“ gesprochen. „Erst mit dem Wohnraumversorgungskonzept vom Herbst 2016, das einen Fehlbedarf von 1500 Sozialwohnungen festgestellt hatte, begann im Rathaus ein Umdenken. Es dauerte dann allerdings noch zwei weitere Jahre, bis der Magistrat die 400 neuen Sozialwohnungen beschloss, die jetzt nur zum kleinen Teil fertig sind, die meisten erst in der Planung.
„Mittlerweile fehlen 3000 bezahlbare Wohnungen in unserer Stadt. 2700 Menschen stehen auf den Wartelisten für bezahlbaren und sozialen Wohnraum bei den Wohnungsunternehmen. Um so fataler ist es, dass die „Sozialquote“, also der prozentuale Anteil von öffentlich geförderten Wohnungen an privaten Bauprojekten ab 50 Wohnungen vom Magistrat in den letzten Jahren nicht wirkungsvoll umgesetzt wurde, obwohl das möglich gewesen wäre. Man wollte wohl die hofierten Investoren nicht verschrecken,“ erklärt der Spitzenkandidat der Linken Ali Al-Dailami.
Stolz verweise die OB auf die Bemühungen der Stadt zum Ankauf von Sozialbindungen für Wohnungen, die aus der Preisbindung gefallen sind. Von 2017 bis 2023 würden 667 Wohnungen aus der Bindung fallen. Insgesamt wolle man bis 2023 insgesamt 622 Bindungen ankaufen. „Damit wird aber nur ein Pflaster auf die schwärende Wunde des Wohnungsmangels geklebt. Denn es entstehen ja damit nicht mehr preisgünstige Wohnungen die dringend auf dem Markt gebraucht werden“, so Kaisers. „Und warum, so ist zu fragen, gibt die Stadt für den Ankauf von Sozialbindungen viel Geld aus, wenn doch nach Aussagen der OB im Bereich der stadteigenen Wohnbau mit ihren über 7000 Wohnungen das Auslaufen der Belegungsbindungen keineswegs zu einer Erhöhung des Mietniveaus geführt hat ?
Die Linke und der Mieterverein sind sich einig, dass der nächste Magistrat ein viel aktivere Wohnungspolitik betreiben müsse, die wirklich dem Wohl der Mieter dient.